Sind spezielle Stabi-Übungen notwendig, um Schmerzen im unteren Rücken zu verhindern?

Sind spezielle Stabi-Übungen notwendig, um Schmerzen im unteren Rücken zu verhindern?

Musst du spezielle Rumpf-Stabilisations-Übungen machen, um Schmerzen im unteren Rücken vorzubeugen


In diesem Artikel möchte ich näher auf die Ideen hinter dem "Core-Training" oder im Deutschen "dem Training der rumpfstabilisierenden Muskulatur" oder "Rumpfstabilisations-Training" eingehen und dir erklären, welche Effekte ein solches Training hat und ob es überhaupt notwendig ist, die rumpfstabilsierende Muskulatur durch spezielle Übungen zu trainieren.


Was ist die Rumpfmuskulatur?


Als Rumpfmuskulatur (häufig auch "Core") genannt, wird die Muskulatur bezeichnet, die den Rumpf an der Vorderseite, an der Außenseite und der Rückseite bedeckt und nach oben und unten begrenzt.

Dazu zählen: 

die Bauchmuskulatur (Vorderseite und Außenseite des Rumpfes)

  • die gerade Bauchmuskulatur (auch musculus rectus abdominis genannt)
  • die schräge Bauchmuskulatur (auch musculi obliquii externii und internii genannt)
  • die querverlaufende Bauchmuskulatur (auch musculus tranversus abdominis genannt)
  • der musculus quadratus lumborum

  • der mediale Trakt des Rückenstreckers
  • der laterale Trakt des Rückenstreckers


Der Aufbau des Rumpfes wird meist mit dem Mast auf einem Segelschiff verglichen. Wenn alle Seile um den Mast unter gleichmäßiger Spannung sind, wird der Mast stabil gehalten. Das Segel kann den Wind aufnehmen und das Boot in die gewünschte Richtung bewegen.

Die Seile sind die verschiedenen Anteile der Rumpfmuskulatur, der Mast ist die Wirbelsäule.

Können Schmerzen im unteren Rücken durch eine schwache Rumpfmuskulatur entstehen?


Damit die Wirbelsäule in neutraler Position stabil gehalten wird, muss die Rumpfmuskulatur stark und ausdauernd sein. Alle Anteile der Rumpfmuskulatur müssen gleich stark an der Wirbelsäule ziehen, um sie in dieser Position zu halten.

Und damit die Rumpfmuskulatur diese Aufgabe erfüllen kann, muss sie in neutraler Position der Wirbelsäule trainiert werden.

Dafür werden meist spezielle Rumpf-Stabilisations-Übungen (sogenannte "Core Exercises") genutzt.

Typische Beispiele dafür sind der Unterarmstütz, der Seitstütz, Variationen des 4-Füßler-Standes und Bridging-Übungen.

Durch regelmäßiges Training der Rumpf-Muskulatur mit den oben genannten Übungen wird die Muskulatur soweit gekräftigt, dass die Wirbelsäule im Alltag, im Job und im Sport in der neutralen Position stabilisiert werden kann.

Wird die Muskulatur nicht ausreichend trainiert, kann die Wirbelsäule nicht stabil in der Neutralposition gehalten werden und Schmerzen und Verletzungen, wie beispielsweise Bandscheibenvorfälle sind die Folge. 

Durch eine gut trainierte und gut koordinierte Rumpfmuskulatur werden einzelnen Wirbelkörper immer optimal zueinander ausgerichtet, die Bandscheiben zwischen den Wirbelkörpern immer gleichmäßig belastet und Scherkräfte auf ein Minimum reduziert.

Sind Core-Exercises wie der Seitstütz notwendig, um Schmerzen im unteren Rücken zu verhindern?


Dadurch wird die Belastung auf die Bandscheiben möglichst gering gehalten, sodass diese nicht reißen und der innere Kern nach aßen austritt und Nerven komprimiert oder einklemmt.

Auf diese Weise wird zumindest immer das Prinzip der Rumpf-Stabilisierung begründet. Und aufgrund dieser Begründung empfehlen Trainer, Therapeuten und Ärzte ihren Kunden und Patienten diese gezielten Übungen, um den Rücken vor Schmerzen und Beschwerden zu schützen.

Aber benötigt der untere Rücken überhaupt Schutz? Ist die Wirbelsäule so ein instabiles Konstrukt, dass sie immer durch die Muskulatur geschützt und stabilisiert werden muss?

Um diese Fragen beantworten zu können, schauen wir uns einmal genauer den Aufbau der Wirbelsäule an.


Wie ist die Lendenwirbelsäule aufgebaut?


Die Lendenwirbelsäule besteht aus 5 Wirbeln, die durch Bandscheiben miteinander verbunden sind. Zusätzlich sind die Wirbelkörper durch Gelenke am hinteren Teil der Wirbelkörper miteinander verbunden. Diese Gelenke werden als Facettengelenke bezeichnet. Jeder Wirbelkörper bildet 2 dieser Gelenke mit dem über ihm liegenden Wirbel und 2 dieser Gelenke mit dem unter ihm liegenden Wirbelkörper aus. 

Die Bandscheiben bestehen aus einem äußeren bandartigen Anteil, daher kommt der Name Bandscheibe. Dieser bandartige äußere Anteil ist vergleichbar mit Gelenkbändern, also stabilen faserartigen Gebilden, die die Verbindung zweier oder mehrerer Gelenkpartner sichern (in dem Fall die beiden Wirbelkörper, die durch die Bandscheibe verbunden werden) und gewisse Bewegungen verhindern oder limitieren.

Die Fasern dieses äußeren Anteils der Bandscheibe, genauso wie alle anderen Gelenkbänder, bestehen zum überwiegenden Teil aus Kollagen-Typ-I. Dieses Faserprotein besitzt eine extrem hohe Zugfestigkeit. 1mm dicke Kollagenfasern können bis zu 10 Kilogramm Gewicht tragen.

Der innere Anteil der Bandscheibe besteht aus einer gelee-artigen Substanz, dem sogenannten Bandscheibenkern. Diese ist zähflüssig verformbar Substanz sorgt dafür, dass Druck- und Zugbelastungen auf die Wirbelsäule abgefedert werden. Wirkt Druck auf die Wirbelsäule wird der innere Kern der Bandscheibe zusammengedrückt und drückt gegen den äußeren Faserring. Der Faserring wird dadurch gespannt und stabilisiert das komprimierte Wirbelsegment.

Als Wirbelsegment bezeichnet man 2 Wirbelkörper, die dazugehörigen Facettengelenke, die dazwischenliegende Bandscheibe und die Bänder, die um diesen Wirbelsäulen-Bereich liegen.

Zusätzlich liegen um die Wirbelsäule 6 Bänder, die die verschiedenen Bewegungsrichtungen stabilisieren. Ein Teil der Bänder reicht von einem Wirbelkörper bzw. Wirbelkörperfortsatz zum nächsten. Ein Teil der Bänder zieht entlang der gesamten Wirbelsäule und ist teilweise an den einzelnen Wirbelkörpern oder den Bandscheiben festgewachsen.

Und jedes dieser Bänder, mit Ausnahme eines Bandes, besteht wiederrum überwiegend aus Fasern des oben beschriebenen Kollagen-Typ-I. 

So gesehen ist die Wirbelsäule ein sehr stabiles Konstrukt, dass nicht alleine durch die Rumpfmuskulatur stabilisiert wird. Vielmehr ist der Aufbau der Wirbelsäule schon extrem stabil.

Aus diesem Grund werden Verletzungen der Bandscheiben von den Berufsgenossenschaften nur in den seltensten Fällen als Arbeitsunfall anerkannt. Die Kräfte, die wirken müssen, damit eine gesunde Bandscheibe verletzt, sind so hoch, dass die Berufsgenossenschaft argumentiert, dass Damit die Bandscheibe beispielsweise bis heute nicht von der Berufsgenossenschaft als Arbeitsunfall anerkannt.

Nachdem du jetzt schon gelernt hast, dass die Wirbelsäule garnicht so instabil ist, wie häufig behauptet wird, sollten wir uns mit der Frage beschäftigen, ob eine neutrale Position der Wirbelsäule notwendig ist, um vor Verletzungen und Schmerzen zu schützen.

Bestätigt wird die Annahme, dass die Wirbelsäule nicht instabil ist und keine besondere Stabilisation durch die Rumpfmuskulatur benötigt durch einen wissenschaftlichen Artikel aus dem Jahr 2010. 

Im Artikel weist der Autor darauf hin, dass je nach Körperhaltung lediglich ein Prozent der maximalen Anspannungsfähigkeit der Rumpfmuskulatur notwendig ist, um eine neutrale Wirbelsäulenhaltung aufrechtzuerhalten. Unter Zugabe eines Gewichtes von 32 kg steigt dieser Wert auf drei Prozent der maximalen Anspannungskapazität der Rumpfmuskulatur. Beim Hochheben eines 15 kg schweren Gewichts vom Boden beträgt die Anspannung der Rumpfmuskulatur nur 1,5% der maximalen Anspannungsfähigkeit.

Selbst wenn zusätzliche Gewichte gehoben werden, verändert sich die Anspannung der Rumpfmuskulatur kaum im Vergleich zum aufrechten Stand. Und eine Aktivierung von 1-3% der maximalen Anspannungsfähigkeit deutet nicht darauf hin, dass eine hohe Stabilisationsleistung durch die Muskulatur für die Wirbelsäule erbracht wird! 


Schützt eine neutrale Position der Wirbelsäule vor Verletzungen und Beschwerden?


Eine weiterer Kerngedanke des Rumpf-Stabilisations-Trainings ist, die Wirbelsäule bei Belastungen in einer neutralen, aufrechten Position zu fixieren. Damit die Bandscheiben mittig belastet werden, die Kräfte auf den kompletten Faserring verteilt werden und dadurch keine Risse und Verletzungen in der Bandscheibe entstehen.

Viele biomechanische Untersuchungen bis zum heutigen Tag konnten hier auch zeigen, dass die Bandscheibe deutlich weniger Gewichtsbelastungen standhält, wenn sie nicht mittig belastet wird. Wird die Bandscheibe in einer gebeugten Haltung maximal oder wiederholt submaximal belastet, treten deutlich früher Risse und Verletzungen im Faserring auf, als wenn die Belastung in aufrechter Haltung auf die Bandscheibe wirkt.

Hier könnten wir den Schluss ziehen, dass eine neutrale Wirbelsäulen-Position die Bandscheibe und den Rücken vor Verletzungen schützt und dass ein gezieltes Rumpf-Stabilisations-Training notwendig ist, um die Wirbelsäule möglichst gesund und belastbar zu halten.

Aber so einfach ist die Antwort leider nicht.

Guckt man sich die biomechanischen Studien genauer an, zeigt sich, dass diese meist an isolierten Bandscheiben, entweder von Verstorbenen oder geschlachteten Schweinen, durchgeführt wurden. In dem Fall bekommen wir zwar einen Eindruck, wie stabil eine Bandscheibe ist. Wir bekommen aber kein realistisches Bild, wie Gewichte und Kräfte im echten Leben auf die Wirbelsäule wirken und wie die Wirbelsäule und die Bandscheiben auf diese reagieren können.

Einerseits können die isolierten Bandscheiben in den biomechanischen Untersuchungen sich nicht mehr an Belastungsreize anpassen. Andererseits ist keine Muskulatur mehr da, die auf Belastungen reagieren kann und dadurch die Belastungssituation auf Wirbelsäule und Bandscheibe verändern und reduzieren kann. Daher sind Ergebnisse aus biomechanischen Studien, die totes Gewebe untersuchen, nicht 1 zu 1 auf den lebendigen Menschen und die lebendigen Gewebe des Menschen zu übertragen.

Anpassungsfähigkeit ist eine zentrale Fähigkeit eines Lebewesens. Jedes Lebewesen, egal ob Einzeller oder komplexes biologisches System, wie der Mensch, kann sich an Reize und Belastungen anpassen. Werden unsere Muskeln gefordert, können sie sich spezifisch, also durch Steigerung der Muskelmasse, der Muskelausdauer oder der Kraft, an die auf sie einwirkende Belastung anpassen. Und genauso kann sich auch der komplette Wirbelsäulen-Komplex, also Wirbelkörper, Bandscheiben, Bänder, Facettengelenke etc. an Belastungen anpassen.

Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat versucht die Frage zu beantworten, ob eine neutrale Wirbelsäulen-Haltung beim Heben eines Gewichtes weniger Belastung auf die verschiedenen Wirbelsäulenstrukturen ausübt als bei einer gebeugten oder überstreckten Haltung.

Im Ergebnis konnten die Forscher zeigen, dass eine neutrale Haltung beim Heben eines Gewichtes eine geringere Belastung der Bandscheibe bewirkt. Die Unterschiede zwischen den Haltungen waren insgesamt jedoch gering (weniger als 5% Unterschied). Daher ist die Frage, ob diese Werte für die Praxis wirklich relevant sind und ob eine neutrale Wirbelsäulenposition in der Praxis wirklich einen Rückgang an Verletzungen zeigen würde. 

Eine andere Studie kommt sogar zu dem Ergebnis, dass wir bei dem Versuch eine neutrale Wirbelsäulen-Position einzunehmen, trotzdem immer noch über 20° Beugung in den Segmenten der Lendenwirbelsäule haben. Und das obwohl die Haltung der Wirbelsäule von außen aufrecht und neutral aussieht! 

Können Schmerzen im unteren Rücken durch eine gute Rumpf-Stabilisation und neutrale Wirbelsäulen-Position verhindert werden?

So einfach lässt sich die Frage also nicht beantworten. Eine neutrale Wirbelsäulen-Position scheint minimale Vorteile gegenüber einer gebeugten oder überstreckten Haltung beim Heben von Gewichten zu haben. Ob dieser Vorteil in der Praxis relevant ist, lässt sich anhand der Studienergebnisse nicht sagen. 

Und ob unsere Vorstellung von aufrechter Wirbelsäulen-Position in der Realität den theoretischen Modellen, die in biomechanischen Studien verwendet werden, wirklich entspricht, muss zumindest angezweifelt werden. Wenn eine äußerlich neutrale Wirbelsäulenhaltung immer noch 22° Beugung in den Segementen der Lendenwirbelsäule bedeutet (siehe Bild).


Sind spezielle Rumpf-Stabilisations-Übungen vielleicht gar nicht notwendig, um vor Rückenschmerzen zu schützen?


Auch wenn die Idee, dass spezielle Übungen die Stabilisation und Stabilität der Wirbelsäule verbessern und so vor Schmerzen und Verletzungen im unteren Rücken schützen, erst einmal plausibel klingt. In der Realtität sieht es leider anders aus.

Eine Studie an Soldaten konnte keinen Vorteil von speziellen Rumpf-Stabilisations-Übungen gegenüber normalem Krafttraining für die Muskeln des Rumpfes finden. Laut dieser Studie ist es egal, ob ich die Rumpf-Muskulatur "funktionell" in neutraler Position und gezielt die "stabilisierenden" Anteile der Rumpf-Muskulatur trainiere oder ob ich die Muskeln einfach durch Kraftgeräte oder Übungen aus dem klassischen Krafttraining trainiere. 

Keine der beiden Übungsformen ist der anderen überlegen, wenn Beschwerden im Rücken vorgebeugt werden sollen.

Eine andere Studie, bei der die Teilnehmerinnen der Interventionsgruppe ein gezieltes Rumpf-Kräftigungs-Programm bekamen, konnte Rückenschmerzen nicht verhindern. Sowohl die Trainingsgruppe als auch die Kontrollgruppe ohne Training hatten gleichhäufig Rückenschmerzen. Und dass, obwohl bewusst Frauen mit schwacher Rumpfmuskulatur für die Studie ausgewählt wurden und die Frauen in der Trainingsgruppe ihre Rumpfmuskelkraft effektiv gesteigert haben.

Trotzdem zeigt eine wissenschaftliche Übersichtsarbeit, dass Training und Bewegung sehr wohl vor Rückenschmerzen schützen kann. Aber nicht indem durch spezielle Übungen die Rumpfstabilität verbessert wird, sondern durch allgemeines Training, bei dem alle großen Muskelgruppen trainiert werden.

Als Zwischenfazit können wir festhalten: Training ist wichtig und Training hält den Rücken gesund! Übungen, um die Rumpfstabilität zu verbessern sind nicht notwendig. Und wahrscheinlich ist der Rumpf und die Wirbelsäule von Natur aus stabil genug.

Aber wie sieht es aus, wenn bereits Schmerz im unteren Rücken besteht?


Sind bei bereits bestehenden Schmerzen im unteren Rücken spezielle Stabilisationsübungen notwendig? Muss die Wirbelsäule stabilisiert werden, damit weitere Beschwerden verhindert werden können?


Wenn das gezielte Training der rumpfstabilisierenden Muskulatur Rückenschmerzen schon nicht besser verhindert als jede andere Trainingsform, dann sollte es aber doch sicherlich zu einem besseren Ergebnis führen, wenn bereits Rückenschmerzen vorliegen.

Dieser Gedanke ist weit verbreitet, da auch immer noch der Gedanke vorherrscht, dass die Wirbelsäule ein instabiles Konstrukt ist, das durch Muskeln gestützt und stabilisiert werden muss. Und wenn die Muskeln das nicht ausreichend tun entstehen Instabilitäten, die zu Schmerzen führen.

Um diese Schmerzen ursächlich zu behandeln, muss die Stabilität durch gezielte Übungen verbessert werden.

Wie du aber bereits im Abschnitt zum Aufbau der Wirbelsäule gelernt hast, ist die Wirbelsäule garnicht so instabil. Und wie du weiter unten gelernt hast, unterscheiden sich die Belastungen auf die Bandscheibe bei neutraler Wirbelsäulenposition und bei stark-gebeugter bzw. überstreckter Wirbelsäulenposition kaum. Weswegen ich auch schon zu dem Schluss gekommen bin, dass die Wirbelsäule per se nicht instabil ist.

Und dass Instabilitäten die Ursache für Rückenschmerzen sind, lässt sich so auch nicht sagen.

Bei 90% aller Rückenschmerzen wissen wir sogar gar nicht, was die Ursachen sind, weswegen diese Rückenschmerzen häufig unspezifische Rückenschmerzen genannt werden. Wenn du mehr über die Risikofaktoren und auslösenden Faktoren bei unspezifischen Rückenschmerzen wissen willst, lies hier meinen Artikel dazu!

Keine klare Ursache bedeutet aber auch, dass eine Instabilität als alleinige Ursache höchstwahrscheinlich nicht in Frage kommt!

Und genau das zeigen wiederrum verschiedene Studien.

Eine Studie hat verglichen, welchen Effekten Kreuzheben und spezielle Rumpf-Stabilisations-Übungen auf bestehende Rückenschmerzen haben. Sowohl Kreuzheben als auch die speziellen Stabilisations-Übungen haben die Rückenschmerzen deutlich gelindert. Einen Unterschied zwischen den beiden Übungsgruppen konnte die Forscher nicht feststellen.

Kreuzheben alleine ist bereits eine effektive Behandlung, um Schmerzen im unteren Rücken zu lindern!


Eine andere Meta-Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl spezifische Rumpf-Stabilisations-Übungen als auch allgemeines Krafttraining, dass die Rumpfmuskulatur miteinbezieht gleichermaßen effektiv ist, um Rückenschmerzen zu lindern.

Es zeigt sich also, dass ein gezieltes Rumpfstabilisations-Training bei Rückenschmerzen nicht effektiver ist, als normales Krafttraining. Und das nicht mal speziell Rücken- und Bauchmuskulatur isoliert trainiert werden müssen. 

Kreuzheben als Verbundsübung bietet den selben Effekt bei Rückenschmerzen wie mehrere spezifische Übungen für die Bauch- und Rückenmuskulatur.

Nachdem ich das spezifische "Core-Training" jetzt etwas entmystifiziert habe und dir zeigen konnte, dass rumpfstabilisierende Übungen weder in der Vorbeuge von Verletzungen der Wirbelsäule, noch in der Behandlung von Rückenschmerzen effektiver sind als allgemeines Training, will ich mit dir noch auf einen weiteren Punkt bezüglich des "Core-Trainings" eingehen.


Verbessert ein gezieltes Rumpf-Stabilisations-Training die sportliche Leistungsfähigkeit?


Core-Training gilt in vielen Sportarten mittlerweile als ein zentraler Inhalt im Athletik-Training. Durch eine gut-trainierte Rumpfmuskulatur und eine gute Wirbelsäulen- und Rumpfstabilisation werden maximale körperliche Leistungsniveaus ermöglicht. So ist zumindest bei vielen Athletik-Trainern der Konsens.

Allen voran das Core-Performance Konzept von Mark Verstegen, mit dem unter anderem die deutsche Fußball-National-Elf trainiert. Ich will hier keinesfalls ein Urteil über das gesamte Programm abliefern. Dafür kenne ich das Programm nicht gut genug und es ist keinesfalls die Intention hinter meinem Artikel Trainingskonzepte oder Trainer schlecht zu machen.

Vielmehr will ich darauf hinweisen, wie präsent das Thema "Core-Training" oder im deutschen Rumpf-Training bzw. Rumpf-Stabilisations-Training ist. Und dir eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Trainingsmethode bzw. diesen Trainingsmethoden liefern.

Wie sieht es als aus? Bringt ein spezifisches Rumpf-Training Leistungsvorteile für Sportler?

Eine Studie der Universität Wuppertal kommt zu folgendem Ergebnis bezüglich Core-Training:

"Thus, increases in core strength are not going to contribute significantly to strength and power and should not be the focus of strength and conditioning." 

Eine weitere Studie aus dem jahr 2007 konnte keine Verbesserung der Laufleistung durch ein gezieltes Core-Training feststellen. Obwohl die Kraft der Rumpf-Muskulatur deutlich gesteigert wurde, hatte dies keinen Einfluss auf die Laufleistung der Probanden.

Eine Studie an Nachwuchsschwimmern konnte jedoch einen positiven Effekt eines gezielten Rumpftrainings feststellen. Die Gruppe, die ein gezieltes Rumpftraining für 12 Wochen absolviert hatte, konnte 50m Kraulen deutlich schneller absolvieren als die Gruppe ohne spezielles Rumpftraining.

Ein wissenschaftlicher Artikel aus dem jahr 2012 fasst die Thematik Core-Training für mehr sportliche Leistungsfähigkeit sehr treffend zusammen. Obwohl viele Artikel ein spezielle Rumpf-Stabilisations-Trainings-Programme empfehlen, gibt es nur wenig wissenschaftliche Hinweise, dass diese Programme einen positiven Einfluss auf die sportliche Leistungsfähigkeit haben. Und obwohl viele dieser Programme die Kraft und Leistungsfähigkeit der Rumpfmuskulatur deutlich verbessern, zeigen nur wenige Studien eine positive Leistungsentwicklung im Sport durch diese Verbesserungen.

Alles in allem scheint ein spezifisches Rumpf-Stabilisations-Training oder Core-Training wenig Einfluss auf die sportliche Leistungsfähigkeit zu haben. Sportler als auch Trainer sollten den Fokus des Athletik-Trainings also eher auf andere Inhalte setzen und nicht auf das Core-Training, um es mit den Worten der Universität Wuppertal zu sagen.


Fazit


Wie du sehen kannst, ist die Thematik Core-Training garnicht so eindeutig, wie sie immer dargestellt wird.

Weder zur Prävention von Rückenschmerzen, noch in der Behandlung von Rückenschmerzen und auch in der Verbesserung der sportlichen Leistungsfähigkeit scheinen Rumpfstabilisationsübungen normalem Krafttraining überlegen zu sein.

Das heißt aber im Gegenzug nicht, dass diese Übungen nicht genutzt werden können, um Rückenschmerzen vorzubeugen oder Rückenschmerzen zu behandeln. Sie sind schlicht und ergreifend nicht effektiver als normales Krafttraining.

Daher ist es dir (und deinem Trainer bzw. Therapeuten) überlassen, ob du diese Übungen in dein Training oder deine Reha mit einbaust. 

Ich nutze diese Übungen auch regelmäßig mit Patienten. 

Zum Beispiel: 

  • wenn andere Übungen aufgrund der Schmerzen nicht möglich sind
  • wenn der Patient keine Möglichkeit hat normales Krafttraining durchzuführen
  • wenn der Patient eine Abneigung gegen Krafttraining hat


Wenn mein Patient allerdings Krafttraining bevorzugt und die Möglichkeit hat, mit Gewichten und an Geräten zu trainieren, bin ich eher geneigt Krafttraining als Therapie und Prävention zu nutzen. 

Einfach weil dadurch nicht nur die Rückenschmerzen besser werden oder zukünftigen Rückenschmerzen vorgebeugt werden, sondern auch insgesamt mehr Muskelmasse aufgebaut wird, mehr Kraft aufgebaut wird, Knochendichte positiv beeinflusst wird, das Herz-Kreislauf-System stärker trainiert wird als bei Rumpf-Stabilisations-Übungen und viele weitere positive Gesundheitseffekte erreicht werden!

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